Sonntag, 20. November 2011

Welche Möglichkeiten haben Anleger bei vollfinanzierten Immobilienkaufverträgen – sog. Steuersparmodelle bzw. Erwerbermodellen bei Eigentumswohnungen, Schrottimmobilien

Welche Möglichkeiten haben Anleger bei vollfinanzierten Immobilienkaufverträgen – sog. Steuersparmodelle bzw. Erwerbermodellen bei Eigentumswohnungen, Schrottimmobilien – die Bank in Haftung zu nehmen? Von Rechtsanwalt Kim Oliver Klevenhagen, Berlin/ München
Eine typische Geschichte:

Die 28jährige Frau P. hat im Jahr 2006 durch einen Vermittler eine Eigentumswohnung zur Altersvorsorge und zu Steuersparzwecken angeboten bekommen. In den schillerndsten Farben wurde Ihr dieser Kauf als regelrechte Goldgrube dargestellt. Gut, es ging alles ziemlich schnell, aber das ihr vorgelegte Berechnungsbeispiel hat es ja schwarz auf weiß gezeigt. Frau P. kann sich den Erwerb ohne weitere Zuzahlung leisten, wenn sie sich den Erwerb durch ein Darlehen finanzieren lässt. Ein Geschenk also. Gewissermaßen vom Staat an sie. Noch am selben Tag wurde das Vertragsangebot von Frau P. vor einem Notar erklärt. Die Annahme durch den Verkäufer erfolgte prompt.


Die weitere Kommunikation nach dem Kauf verlief schleppend. Die Miete war plötzlich doch nicht so hoch wie sie ihr zugesichert wurde. Und auch das Darlehen fiel etwas höher aus als erwartet. Grund war, dass noch eine Heizungsanlage eingebaut werden musste. Davon wusste Frau P. auch nichts. Ihr wurde das Objekt als Top-sanierter Altbau vorgestellt. Plötzlich befand sich im Briefkasten von Frau P. ein Mietminderungsschreiben ihres neuen Mieters. Frau P. wurde stutzig und beschloss, sich die von ihr gekaufte Wohnung nun doch einmal anzuschauen. Sie fand einen verwahrlosten Garten, einen kaputten Zaun und ein marodes Wohngebäude vor. Dafür 145.000 €? Ein kurzer Anruf bei Rechtsanwalt Klevenhagen, Immobilienexperte der Rechtsanwälte Dr. Schulte und Partner, brachte Gewissheit zur vagen Vermutung. Frau P. wurde Opfer des sog. Steuersparmodells Eigentumswohnung.


Der Erwerb der eigenen Eigentumswohnung im Rahmen so genannter Steuersparmodelle entwickelte sich und entwickelt sich auch noch heute für viele zu einem regelrechten Albtraum. In den allermeisten Fällen, die der Kanzlei Dr. Schulte und Partner vorliegen, hielten die Objekte nicht einmal annähernd das, was die Prospekte bzw. die Berater versprachen. Sie sind weder zu dem veranschlagten Preis vermietbar noch können sie jemals zu dem ursprünglichen Kaufpreis veräußert werden.


Der von den meisten Anlegern verfolgte Zweck des Kaufs zur Altersvorsorge lässt sich damit nicht erreichen. Denn zumeist wird bei dem hier genannten Modell der Erwerb der Eigentumswohnung vollumfänglich durch ein Darlehen einer Bank finanziert. Im Regelfall wird zur Finanzierung ein Annuitätendarlehen benutzt. Die Laufzeit eines solchen Darlehens beträgt häufig ca. 30 Jahre und mehr. Die Anleger haben bis dahin längst das 60ste bzw. 70ste Lebensjahr gestreift und keine Chance, auf ihr eingesetztes Geld zur Alterssicherung zu zugreifen.


Schuld an dieser Misere ist ein ausgeklügeltes System von Banken, Vertriebsorganisationen und Verkäufern/Bauträgern.


Erst nach Jahren stellen Anleger fest, dass die in den Verkaufsgesprächen gemachten Angaben über vermeintliche Kosten und Erträge völlig unzutreffend waren. Die berechnete Unterdeckung ist wesentlich zu niedrig kalkuliert. Zudem fehlen Mietnebenkosten ebenso wie Instandhaltungsrücklagen und sonstige Risiken in ihrer konkreten Höhe.


Nach diesen Erkenntnissen stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten Ihnen als Anleger bleiben. Grundsätzlich können alle Beteiligte in die Haftung gezogen werden. Der Bundesgerichtshof knüpft jedoch die Haftung an unterschiedliche Bedingungen. Der Grund liegt darin, dass Sie im Normalfall nur mit dem Anlageberater zu tun hatten und sonst weder mit der Bank noch mit dem Verkäufer. Wenn aber nach Jahren weder der Vermittler noch der Verkäufer auffindbar sind, bleibt nur noch die Möglichkeit, die Bank haftbar zu machen.


Eine Möglichkeit kann die Aussage des Beraters zur Wertentwicklung der Immobilie sein. Für diese wird an die Lage und die Ausstattung der Eigentumswohnung angeknüpft. Hierfür haben sich in der Rechtsprechung verschiedene Berechnungsmethoden heraus kristallisiert. Gängigste und einfachste, aber nicht besonders genaue Methode ist die sog. Maklermethode. Danach bemisst sich der Wert einer Eigentumswohnung nach der 12-15fachen Jahresnettokaltmiete.


Auch die Banken müssen intern vor der Kreditvergabe eine solche Berechnung durchführen. Die kreditgebende Bank weiß daher im Regelfall, dass sie eine Eigentumswohnung finanziert, die wesentlich überteuert am Markt angeboten wird. Zudem bleibt dieser auch nicht verborgen, dass sie ein für den Verbraucher völlig unsinniges Geschäft finanziert.


Genau diese Überlegungen begründen nach Ansicht der Kanzlei Dr. Schulte und Partner eine Aufklärungs- und Prüfungspflicht der Banken für derartige Geschäfte. Es kann unserer Ansicht nach nicht sein, dass Banken sich immer wieder mit denselben Argumenten ihrer Verantwortung entziehen und an den Geschäften kräftig mitverdienen. Letztlich beteiligen sich diese daran, geschäftsunerfahrene Verbraucher systematisch hinters Licht zu führen. Und das, obwohl diese häufig mit denselben Vermittlern bzw. Vertriebsorganisationen zusammen arbeiten. Bis hin dazu, dass Blankokreditverträge an die betreffenden Vertriebsorganisationen ausgeteilt werden. Auch sind der Kanzlei Konstellationen bekannt, in der die Bank zunächst dem Verkäufer den Kauf (natürlich zu besseren Konditionen) finanziert hat und danach den Weiterverkauf an einen Verbraucher zu einem viel höheren Preis ebenfalls finanziert. Es würde den Umfang dieses Artikels sprengen, die weiteren verschiedenen Arbeitsmodelle zwischen den Beteiligten aufzuzeigen. Ein Fakt ist jedenfalls, dass die Banken an derartigen Geschäften in großem Maße beteiligt sind und dem System Steuersparmodell kräftig zuarbeiten.


Es stößt daher auf Unverständnis der Anwälte der Kanzlei Dr. Schulte und Partner, dass der Bundesgerichtshof immer noch ziemlich zurückhaltend beteiligte Banken zur Verantwortung zieht.
Allerdings sind auch positive Entwicklungen zu verzeichnen. Über ein neueres Urteil gegen die Hypovereinsbank haben wir kürzlich berichtet. Zu beobachten ist insgesamt ein verbraucherfreundlicher Trend der höchsten deutschen Gerichte.


Aus den neueren Entwicklungen ergeben sich für geschädigte Anleger im Wesentlichen folgende Möglichkeiten, die Bank in die Haftung zu nehmen.

1.) Finanzierte die Bank zusätzlich auch den Verkäufer bzw. Bauträger und befindet sich dieser zudem auch schon in Zahlungsschwierigkeiten, muss die Bank darauf hinweisen. Andernfalls macht diese sich schadenersatzpflichtig. Solche Fälle sind nicht die Ausnahme und sollte bei Verdacht durch einen Anwalt geprüft werden.

2.) Eine Haftung wird auch dann angenommen, wenn die Bank einen besonderen Gefährdungstatbestand für den Käufer schafft, insbesondere dann, wenn diese ein Projekt ohne genügende dingliche Absicherung vorfinanziert.

3.) Wenn sich die Bank an der Konzeption und/oder Vermarktung der Immobilie beteiligt, sprich arbeitsteilig in das Vertriebssystem eingebunden ist, können ihr Einwände aus dem Beratungsvertrag zugerechnet werden.

4.) Eine Haftung kann sich auch dann ergeben, wenn die Bank gegenüber dem Käufer einen Wissensvorsprung in Bezug auf die Risiken des finanzierten Objekts hat. Dies können beispielsweise die täuschungsbegründenden Umstände aus falscher Angabe der Mieteinnahmen, die Rentabilitätsberechnung oder der Wert der Eigentumswohnung sein.

5.) Neuere Tendenzen lassen auch erkennen, dass Banken, die immer wieder mit denselben Bauträgern, Vermittlern und Strukturvertrieben zusammenarbeiten, sich nicht auf die rechtliche Selbstständigkeit des Darlehensvertrages berufen können. Vielmehr kann der Bank in einer solchen Konstellation die Kenntnis der Falschberatung bzw. arglistigen Täuschung zugerechnet werden. Dies gilt indes nur, wenn die Bank nicht darlegen kann, aufgrund welcher Umstände sie sich eine eigene Beurteilungsgrundlage gebildet hat.

6.) Unter diesem Gesichtspunkt kann es auch zu einer Haftung der Bank kommen, wenn diese anhand der eingereichten Selbstauskunft erkennen konnte, dass der Erwerber finanziell gar nicht leistungsfähig ist.

7.) Auch sog. Innenprovisionen bei der Finanzierungsvermittlung zwischen Strukturvertrieb und Bank können zu Haftung der Bank führen. Jedoch nur dann, wenn die tatsächlich gezahlten Provisionen den vertraglich festgehaltenen Satz übersteigen und dies gegenüber dem Käufer nicht offengelegt wurde.

8.) Die sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung stellt ebenfalls eine Möglichkeit dar, die Bank in Haftung zu nehmen, wenn es gelingt, ein institutionelles Zusammenwirken zu beweisen. Wenn, wie so oft, ein und dieselbe Bank zum Beispiel den Großteil der Eigentumswohnungen in derselben Immobilie finanziert hat, wird sie es schwer haben, ein Zusammenwirken zu wiederlegen.

9.) Im Übrigen gibt es weitere Tendenzen, die jedoch noch nicht ausgeurteilt wurden. Beispielhaft sei hier die Haftung der Bank aus Delikt genannt, wenn sich diese die Wertermittlung zur Beleihung durch das Darlehen bezahlen lässt und danach ohne weiteres Kenntnis vom überhöhten Kaufpreis hätte haben müssen. Aber auch wenn sie sich die Wertermittlung nicht extra vergüten lässt, ist sie verpflichtet, für den Beleihungswert den Wert der Immobilie zu ermitteln. Auch daraus kann unter Umstände eine Haftung der Bank hergeleitet werden.


Und Frau P.? Frau P. konnte geholfen werden, denn die Angabe des Vermittlers, in der Eigentumswohnung können ein Mietpreis von 7,50 €/qm erzielt werden, lag weit neben der Realität. Tatsächlich konnte lediglich ein Mietpreis von 4,50 €/qm erzielt werden und zudem lag der Wert der Eigentumswohnung weit unter dem bezahlten Kaufpreis. Darin lag eine arglistige Täuschung des Käufers. Dass die Bank von dieser Täuschung Kenntnis hatte, wurde widerleglich vermutet, denn die Bank hatte jahrelang mit dem Vermittler bzw. dessen Vertrieb zusammen gearbeitet.

Die Rechtsanwälte Dr. Schulte und Partner können Ihnen, sollten Sie Opfer eines solchen Immobilienerwerbs geworden sein, daher nur dazu raten, möglichst schnell anwaltliche Hilfe zu suchen. Dies gilt umso mehr unter dem Gesichtspunkt, dass Fälle, die vor dem Jahr 2002 entstanden bzw. unterschrieben worden sind definitiv zum 31.12.2011 verjähren. In den Folgemonaten verjähren dann Ansprüche aus dem Jahr 2002.

Erwerber, die sich als Opfer des Systems Steuersparmodell sehen, sollten daher ihre Unterlagen genauestens durchsehen und ggf. anwaltliche Hilfe suchen.

In vielen Fällen ist es zudem sinnvoll, sich mit anderen Käufern aus derselben Immobilie zu verständigen, um ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen. Denn wie oben dargestellt besteht die beste Möglichkeit, die Bank haftbar zu machen darin, ein institutionelles Zusammenwirken von Bank, Vertrieb und Verkäufer beweisen zu können.


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