Sonntag, 20. November 2011

Das Steuersparmodell "Eigentumswohnung" und die sog. "Schrottimmobilien-Rechtsprechung"

Das Steuersparmodell "Eigentumswohnung" und die sog.
"Schrottimmobilien-Rechtsprechung".


Es beginnt immer auf dieselbe Art und Weise. Man will für das Alter
vorsorgen, Geld anlegen oder "einfach nur" Steuern sparen. Mit viel Glück
erreichen Sie einfach keines dieser Ziele, andernfalls droht der finanzielle
Ruin.

Die Rede ist vom System "Steuersparmodell Eigentumswohnung", dem nach
seriösen Schätzungen schon in den 90igern mehr als 1 Millionen Menschen in
Deutschland zum Opfer fielen.

Das System "Steuersparmodell Eigentumswohnungen" ist ebenso einfach wie
genial. Die Verlockung ist in der Regel groß. Denn die Vermittler solcher
Eigentumswohnungen preisen ihre Immobilien in der Regel als einmalige
Gelegenheit zum Steuersparen an. Gleichzeitig suggerieren die Vermittler,
dass es sich um eine hervorragende Möglichkeit handelt, für das Alter
vorzusorgen, weil, wie jeder weiß, eine Immobilie eine hervorragende
Geldanlage darstellt. Als wirksamste Verkaufsargumente gelten in der Regel
der scheinbar günstige Preis, der sich durch die Einnahmen aus Vermietung
und durch Steuerrückerstattungen ohne weiteres amortisiert sowie die
Wertsteigerung der Immobilie.

Diese Hauptargumente versuchen die Vermittler von Eigentumswohnungen den
potentiellen Anlegern durch immer dasselbe Berechnungsbeispiel schmackhaft
zu machen. Häufig bzw. nie erwähnt wird dabei, dass die Lage bzw. der
Zustand der Immobilien weder für eine gute Vermietbarkeit noch für eine
langfristige Wertsteigerung sprechen. Hinzukommt kommt häufig der viel zu
hohe Preis und eine falsche Berechnung der Steuervergünstigungen. Aus diesem
Grunde hat sich auch der Begriff Schrottimmobilie durchgesetzt.

Unter diesen Begriff fallen kombinierte Verträge, in denen Anlegern durch
einen Strukturvertrieb vermietete Eigentumswohnungen angeboten werden. Durch
die Einschaltung eines Strukturvertriebs erhöht sich der Kaufpreis zudem
erheblich durch eine Vielzahl von Innenprovisionen gegenüber dem tatsächlich
angemessenen Kaufpreis. Die Anlage als Altersvorsorge ist mithin kaum
haltbar. Nicht selten vergessen die Vermittler auch über die weiteren
Pflichten aus dem Eigentum aufzuklären und realistische Finanzierungen in
ihre Überlegungen mit einzubeziehen.

Dazu kommt, dass potentielle Anleger durch die Vermittler des
Strukturvertriebes in eine überrumpelungsähnliche Situation gebracht werden.
Denn entweder kontaktieren die Vermittler potentielle Anleger aus heiterem
Himmel, zum Beispiel nach dem Einkauf im Einkaufscenter oder durch einen
blinden Telefonanruf, einen so genannte cold call. Die psychologisch
geschulten Vermittler fragen zunächst, ob man nicht Interesse habe,
langfristig Steuern zu sparen und dass der hiesige Anrufer der Firma XY
Experte in Steuerfragen sei. Da diese Frage im Regelfall mit Ja beantwortet
werden kann, ist das Gespräch eröffnet und dem Vermittler Tür und Tor
geöffnet, um seine Argumente zu platzieren. Sodann wird ein reelles Treffen
in der Wohnung des Anlegers oder den Beratungsräumen des Vermittlers
vereinbart. Dabei erscheint der Vermittler bestenfalls gleich mit
Berechnungsbeispielen und Hochglanzprospekten und hat auch schon eine
Immobilie für die potentiellen Anleger in Aussicht. Diese ist häufig, so
stellen die Vermittler meist dar, so stark nachgefragt, dass sie nur noch
für wenige Tage für sie reserviert ist.

Aber da ja nun feststeht, dass der potentielle Anleger Steuern sparen will
und der Wohnungseigentumserwerb, wie sich anhand des Berechnungsbeispiels
zeigte, hervorragend dafür geeignet ist, weil man quasi ohne Kosten eine
Altersvorsorge erhält, könne man auch gleich zum Notar fahren. In der Praxis
bearbeiten solche Fälle in der Regel immer dieselben Notare. Nicht ohne
Grund! Denn eigentlich gebietet die Warnfunktion der notariellen
Beurkundung, dass hier nochmals über das Rechtsgeschäft aufgeklärt wird. Die
Betonung liegt auf nochmals. In der Regel erfahren potentielle Anleger
hierbei jedoch zum ersten Mal Einzelheiten über den geplanten Kauf, nicht
zuletzt eingekleidet in einen Wulst von Rechtsnormen. So bleibt beim Anleger
nur Unverständnis. In der Hoffnung, dass alles schon mit rechten Dingen
zugehen wird, unterzeichnet er das notarielle Kaufangebot und bindet sich
für vier Wochen oder mehr.

Nicht selten werden Anleger vor solchen Notartreffen in Anbetracht der Länge
auch von den Vermittlern angehalten, keine Fragen zu stellen. Die Funktion
der Beurkundung wird damit völlig entkräftet.

Im ungünstigsten Fall hat der Anleger daher weniger als zwei Tage
Bedenkzeit, um sich danach "glücklicher" Eigentümer bzw. gebundener Käufer
einer Wohnung nennen zu können.

Die erworbenen Wohnung gesehen haben dabei die wenigsten und ein
"wunderschönes" Darlehen gibt es vom Vermittler gleich mit dazu. Dieses kann
dann über Jahrzehnte zurückgezahlt werden. Alles aus einer Hand.

Rechtsanwalt Klevenhagen, Experte für Rückabwicklungsfragen von
Eigentumswohnungen der Anwaltskanzlei Dr. Schulte und Partner, sagt dazu
"dass dies immer dieselbe Methode der Vermittler bzw. der Strukturvertriebe
sei. Erst nachdem die Eigentumswohnung erworben wurde und meist das erste
bzw. zweite Jahr verstrichen ist, stellen die meisten Anleger fest, dass die
ihnen gemachten Versprechungen in keinster Weise eingetroffen sind. Die
Finanzierung der fremdgenutzten und fremdfinanzierten Eigentumswohnung lässt
sich nicht mehr aufbringen."

An diesem Punkt kann jedem betroffenen Anleger nur dringendst empfohlen
werden, anwaltlichen Rat oder zumindest die Hilfe eines Anlegerschutzvereins
wie etwa ... zu suchen.

Denn die Möglichkeit für Anleger, denen Schrottimmobilien verkauft wurden
und die nun die Rückabwicklung suchen, hat sich stetig verbessert. Zu warnen
ist aber insbesondere vor übereilten Reaktionen geprellter Anleger. Nur eine
genaue Analyse des Einzelfalls hält letzten Endes vor Gericht stand.

Rechtlich haben sich folgende Angriffsoptionen in der Praxis heraus geprägt:

1. Der Angriff des eigentlichen Vermittlers/des Strukturvertriebs
2. Der Angriff auf den Verkäufer
3. Der Angriff auf die darlehensgebende Bank



Zum Fall 1:

Die Anlageberater, die Vermittler, die Herren des Strukturvertriebs schulden
dem potentiellen Anleger eine richtige Rentabilitäts- und
Liquiditätsberechnung, aus denen der Käufer die wirtschaftlichen Folgen des
Eigentumserwerbes ersehen kann. Hierbei finden die Experten der Kanzlei Dr.
Schulte und Partner häufig Defizite. Der Vertrieb erfolgt unter einseitiger
Betrachtung und berücksichtigt lediglich nicht erreichbare
Gewinnmöglichkeiten. Die errechnete monatliche Zuzahlung fällt höher aus als
erwartet oder der Weiterverkauf will nicht gelingen. Alles Folgen einer
falschen Aufklärung über den Wert der Immobilie, die steuerlichen
Auswirkungen, die monatliche Zuzahlung, den Kreditvertrag, über
Innenprovisionen, die zu erzielenden Mieterträge, das Darlehen verbunden mit
den verschieden Kosten usw.



Zum Fall 2:

Eine in Bezug auf Fall 1 nachgewiesene Falschberatung, Täuschung oder
sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung kann der Verkäuferin zugerechnet werden,
wenn sie die Vermittler zum Vertrieb ihrer Immobilien genutzt hat.

Zum Fall 3:

Die neuere Rechtsprechung lässt die Tendenz erkennen, dass oben genannte
Falschberatungen auch der Bank zugerechnet werden können. Dies erfolgt durch
die Gerichte bisher jedoch nur sehr zögerlich, auch wenn sich die Experten
der Kanzlei Dr. Schulte und Partner darüber einig sind, dass sich die
finanzierenden Banken nicht mit Unkenntnis der einschlägigen Praxis
herausreden können sollten.

Einen neuen großen Erfolg bedeutet in diesem Bereich der Beschluss des
Bundesgerichtshofs vom 5.7.2011 (Az.: XI ZR 342/10). Die Bank wurde wegen
arglistiger Täuschung in Bezug auf zu erzielende Mieteinnahmen zum
Schadenersatz verurteilt.

Letztlich können die Experten der Kanzlei Dr. Schulte und Partner nur
bestätigen, dass sich die Rechtsposition von geprellten Anlegern in diesem
Bereich sehr stark verbessert hat und es sich in jedem Fall lohnt, den
eigenen Fall überprüfen zu lassen. Denn es kommt immer auf den Einzelfall
an.

"Festzustellen ist, dass trotz der mittlerweile erdrückenden Anzahl von
Rückabwicklungsklagen gegen verschiedenste Verkäufergesellschaften aus dem
Bereich der so genannten Steuerspar-Immobilien, jeder Fall sehr genau
betrachtet wird und trotz vielfach ähnlicher Sachverhalte nicht
voreingenommen entschieden wird. Klagen gegen Beteiligte am System
`Steuersparmodell Eigentumswohnung` sollten deshalb nur durch spezialisierte
Kanzleien und individuell in enger Zusammenarbeit mit den Mandanten
betrieben werden. Jeder Fall ist unterschiedlich, und vor Gericht kann es



auf diese Feinheiten ankommen.", sagt Rechtsanwalt Klevenhagen.



Autor und presserechtlich verantwortlich, Urheberrechte bei:
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